Mayors for Peace“: Mehr als eine Unterschrift!

In einer bewegenden Stellungnahme am „Hiroshima Peace Memorial“ anlässlich des am 6. August stattgefundenen 78. Jahrestages des Atombombenabwurfes auf Hiroshima, brachte der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen in aller Deutlichkeit auf den Punkt: „(…) die Trommeln des Atomkriegs schlagen wieder einmal. Misstrauen und Spaltung sind auf dem Vormarsch. Der nukleare Schatten, der den Kalten Krieg überschattete, ist wieder aufgetaucht. Und einige Länder rasseln wieder rücksichtslos mit dem nuklearen Säbel und drohen mit dem Einsatz dieser Vernichtungswaffen. (…) Jeder Einsatz von Atomwaffen ist inakzeptabel. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie atomar bewaffnete Staaten um die Wette noch gefährlichere Waffen entwickeln. Die einzige Möglichkeit, das nukleare Risiko zu beseitigen, ist die Abschaffung von Kernwaffen.“

Genau dies ist die Zielsetzung des internationalen Netzwerkes „Mayors for Peace“. Das Netzwerk wurde 1982 von den Bürgermeistern der japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki gegründet, Städte die 1945 durch Atombomben zerstört wurden. Im Mai 1990 wurde das Netzwerk offiziell als Nichtregierungsorganisation (NGO) mit besonderem Beratungsstatus bei den Vereinten Nationen (UN) registriert. Das „Mayors for Peace“-Netzwerk vereint Stand September dieses Jahres, 8287 Mitgliedsstädte in 166 Ländern oder Regionen.

In Luxemburg haben sich bisher 63 Kommunen dem internationalen Netzwerk angeschlossen. Der Gemeinde Wiltz gebührt die Ehre, als erste luxemburgische Gemeinde im Juli 1989 den „Mayors for Peace“ beigetreten zu sein.

Im Januar 2021 trat der Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen in Kraft. Es ist dies der erste multilaterale Vertrag, der eindeutig festlegt, dass Atomwaffen einem vollständigen Verbot unterliegen sollten. Als Reaktion auf diesen historischen Vertrag entwickelten die Bürgermeister für den Frieden im Juli 2021 ihre neue „Vision für eine friedliche Transformation zu einer nachhaltigen Welt“, sowie einen Aktionsplan für den Zeitraum 2021 bis 2025. In der Vision werden drei Ziele formuliert: die „Verwirklichung einer Welt ohne Atomwaffen“, die „Schaffung von sicheren und lebendigen Städten“ und die „Förderung einer Kultur des Friedens“.

Aufgrund einer Initiative der Friddens-a Solidaritéitsplattform Lëtzebuerg, der Gemeinde Roeser und mit tatkräftiger Unterstützung des „Syndicat des villes et communes luxembourgeoises (SYVICOL), wurde mit einer Gedenkveranstaltung am 6. August 2020 zum 75. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima, dem nationalen Netzwerk etwas Auftrieb verschafft. Dieser Jahrestag ist seitdem Bestandteil eines jährlichen Treffens der „Mayors for Peace-Lëtzebuerg“. Zudem engagierte sich das SYVICOL ganz konkret bei der Anwerbung von 8 neuen Mitgliedskommunen seit 2020.

Die Aktivitäten der Netzwerk-Kommunen sollten sich aber nicht nur auf die Gedenkfeier zu den Atombombenabwürfen in Japan beschränken. In Zeiten realer atomarer Gefahren, eines Krieges in Europa, steigender militärischer Spannungen weltweit, steigender sozialer Ungerechtigkeiten, einem rasanten Klimawandel, dem dramatischen Biodiversitätsverlust, dem hemmungslosen Plündern unserer natürlichen Ressourcen, dem Kollaps von Ökosystemen, durch Algorithmen gesteuerte Desinformation, steigendem Autoritarismus und Rechtspopulismus weltweit, grassierender Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus und zunehmender Empathielosigkeit in unseren Gesellschaften, sagt nicht nur das Weltwirtschaftsforum (WEF) in ihrem Risikobericht 2023 ein unsicheres und turbulentes Jahrzehnt voraus. All dies hat auch Auswirkungen auf die Kommunen.

Die „Mayors for Peace“ versuchen mit ihrem aktuellen 3-Ziele Aktionsplan die Mitgliedskommunen zum Handeln für eine bewusst engagierte zukunftsfähige friedliche Gesellschaft zu motivieren. Wie könnte nun ein Aktionsplan, neben der jährlichen Gedenkveranstaltung am 6. August, hierzulande in einzelnen Kommunen zumindest ansatzweise umgesetzt werden?

Eine inhaltliche Verknüpfung mit dem kommunalen Pakt „Zesumme liewen“ und dem kommunalen Integrationspakt wäre mehr als sinnvoll. Eine kommunale Arbeitsgruppe aus interessierten Bürger*innen könnte den Gemeindeverantwortlichen einen jährlichen Friedens-Aktionsplan vorschlagen.

Atomwaffen sind die größte Bedrohung für die Sicherheit der Bürger, da sie Städte und die darin lebenden Menschen zum Ziel haben und ihr Einsatz katastrophale Folgen auf globaler und lokaler Ebene nach sich ziehen kann. Ein erster kommunaler Schritt wäre die Unterstützung des Städte-Appells der Initiative des Friedensnobelpreisträgers der „International Campaign to Abolish Nuclear weapons (ICAN)“. Der Appell weist auf das Recht der kommunalen Bürgerinnen und Bürger auf ein Leben ohne eine atomare Bedrohung hin. Er fordert die jeweilige Regierung auf, dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beizutreten. In Luxemburg haben bisher 13 „Mayors for Peace“-Kommunen diesen Städteappell unterzeichnet. Luxemburg stellt sich beim Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag bisher taub.

Ganz konkret wäre die Vorführung des Films „Oppenheimer“ oder der Dokumentarfilm „Als die Sonne vom Himmel fiel“ mit anschließender Diskussion eine konkrete und aktuelle Aktion. Allgemein sind kulturellen Veranstaltungen wie Friedenskonzerte, Lesungen oder Theateraufführungen keine Grenzen gesetzt.

Schulen und Jugendliche könnten mit Aktionen wie „Red Hand Day“, am 12. Februar dem Gedenktag über das Schicksal von Kindersoldaten, der Initiative „Trommeln für den Frieden“ am 21. März jedes Jahres oder der Teilnahme an Aktionen wie die „World Peace Game“ einer Initiative welche Friedensarbeit und Kinderpartizipation ideal verbindet, ihren Beitrag leisten.

Konkret wäre auch eine Solidaritätspartnerschaft mit einer ukrainischen Kommune. Der Wiederaufbau dieses geschundenen Landes wird noch Jahrzehnte dauern.

Vor 65 Jahren entstand eines der bekanntesten Symbole, das Peace-Zeichen. Durch konkrete Aktionen (Blumenbeet beispielsweise) könnte man in der Kommune auf die Geschichte und die Symbolik dieses Zeichens hinweisen.

Am internationalen Flaggentag der „Mayors for Peace“ jährlich am 8. Juli, machen viele Mitgliedskommunen mit dem Hissen der Friedensflagge auf das Rechtsgutachten zu Atomwaffen des Internationalen Gerichtshofes (IGH) aufmerksam. Das Gutachten vom 8. Juli 1996 stellte fest, dass die Androhung des Einsatzes und der Einsatz von Atomwaffen grundsätzlich gegen das Völkerrecht verstoßen.

Vielleicht wäre eine Jahrestagung der „Mayors for Peace Lëtzebuerg“ jeweils am 22. Januar, dem Jahrestag des Inkrafttretens der Atomwaffenverbotsvertrags der Vereinten Nationen nicht unwichtig. Außer dem Austausch von „best practices“ könnte ein Gastvortrag einer ausländischen „Mayors for Peace“-Kommune wertvolle Impulse liefern und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit vertiefen.

Den Aktionen im Rahmen der „Mayors for Peace“ sind keine Grenzen gesetzt. Benötigt wird nur der politische Wille. Besonders in Zeiten wie diesen, sollten sich die luxemburgischen Mitgliedskommunen bewusstwerden, dass ihr Engagement in diesem internationalen Netzwerk wesentlich mehr als eine Unterschrift für den Beitritt zu den „Mayors for Peace“ sein müsste.

Raymond Becker
Mitglied des Koordinationsteams der Friddens- a Solidaritéitsplattform