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Der Prävention gehört höchste Priorität.

„Gewalt macht den Menschen zur Sache.“

Simone Weil

In einer Gesellschaft, wo alles schneller, besser, schöner, höher sein muss, wo der Schein mehr zählt als das Sein, sind Menschen enormen Stressfaktoren ausgesetzt. Stress ist ein wesentlicher Faktor beim Aufbau von Aggressionen. Auch und besonders Jugendliche stehen zunehmend unter Druck und reagieren nicht selten mit zunehmender Gewaltbereitschaft. Und, was besonders besorgniserregend ist: die Hemmschwelle sinkt rasant. Die Gewaltbereitschaft Jugendlicher hat qualitativ und quantitativ ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht und stellt uns als Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Selbstverständlich ist die wirksamste Prävention immer die Ursachenforschung und –bekämpfung. Im Falle der Gewaltbereitschaft Jugendlicher sind die Ursachen allerdings so vielschichtig und tief verwurzelt mit den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen oder Fehlentwicklungen, dass es illusorisch wäre zu meinen, man könne sie so einfach aus der Welt schaffen. Wir müssen demnach auf dieses neue Aggressionspotential reagieren.

In Luxemburg scheint sich zur Gewalt- und Aggressionsbekämpfung die in den USA entwickelte Peer-Mediation im schulischen Bereich zu etablieren. Peer-Mediation ist ein innovativer und langfristig Erfolg versprechender Ansatz der konstruktiven Konfliktbewältigung. Schülerinnen und Schüler werden zu sogenannten Peer-Mediatoren ausgebildet, die dann bei Konflikten zwischen Gleichaltrigen vermitteln. Bewiesen ist, dass Konfliktregelung durch Gleichaltrige von Konfliktpartnern gut aufgenommen wird. Dagegen ist nichts einzuwenden, außer dass es damit nicht getan ist. In einem rezenten Tageblatt-Gespräch hat der an der Uni Luxemburg tätige Prof. Dr. Georges Steffgen etwas ganz Wesentliches formuliert: „Sicherlich macht es aus sozialer Entwicklungsperspektive Sinn, Mediatorenprogramme im Rahmen eines umfassenden Schulentwicklungsprozesses mit aufzugreifen. Die begrenzte Wirkung und auch der spezifische Einsatzbereich von Streit-Schlichter-Programmen lassen es jedoch als notwendig erscheinen, insbesondere unter der Zielsetzung der Gewaltprävention, andere wissenschaftlich gestützte Vorgehensweisen stärker heranzuziehen.“

Diese Vorgehensweisen existieren und wurden anderenorts erfolgreich praktiziert. Hierzu zwei ganz konkrete Beispiele.

Null-Toleranz gegenüber Mobbing.

Dan Olweus ist Psychologe und Professor für Persönlichkeitspsychologie an der Universität Bergen in Norwegen. Seit den 70ger Jahren arbeitet Olweus als einer der ersten Wissenschaftler überhaupt an der Aufarbeitung des Mobbings und der Gewaltprävention an Schulen. Er definierte den Begriff „Bullying“ oder „Mobbing“ folgendermaßen: Dass „ein oder mehrere Individuen, wiederholte Male und über einen Zeitraum negativen Handlungen von einem oder mehreren Individuen ausgesetzt sind.“ Für Olweus können diese Handlungen verbal (drohen, spotten, beschimpfen), nicht-verbal (Grimassen schneiden, böse Gesten, Rücken zuwenden) oder physisch (schlagen, schubsen, treten, kneifen, festhalten) sein. „Bullying“ erfordert ein Ungleichgewicht der Kräfte (körperlich oder psychisch) zwischen Opfer und Täter.

In Norwegen ist die Prävention von „Bullying“ seit Jahren ein politisches Anliegen. In konsequent durchgeführten Kampagnen seitens des Bildungsministeriums haben in Norwegen alle Beteiligten ein gemeinsames Ziel: Die Null-Toleranz-Vision („Zero-Tolerance-Vision“) in Bezug auf „Bullying“ bei Kindern und Jugendlichen. Die Durchführung dieses Programms ist mit etwas gutem Willen der Beteiligten (Schüler, Lehrkräfte und Eltern) recht unkompliziert. Den Kern des Programms bilden 3 Ebenen, die Schulebene, die Klassenebene und die persönliche Ebene. Auf dieser individuellen Ebene werden auch die Eltern nicht aus ihrer Pflicht entlassen. Olweus ist der Auffassung, dass Problembewusstsein und Betroffensein der Lehrkräfte und der Eltern Voraussetzungen sind für den Erfolg von Prävention und Intervention. Das Modell steht für einen autoritativen Erziehungsstil. Der Psychologe Wilfried Griebel sieht in dieser Methode den „goldenen Mittelweg“ zwischen anti-autoritärer und autoritärer Erziehung. Griebel definiert autoritative Erziehung als „warmherzig-führend, die auf Teilhabe und Mitbestimmung setzt. Einfühlsamkeit ist wichtig, aber auch Strukturen sind mitbestimmend, möglichst im Einklang mit dem Kind.“ Klare Regeln und konsequentes Handeln sind von Bedeutung, auch bei dem von Olweus entwickelten Programm. Das Modell wird mittlerweile mit Erfolg weltweit eingesetzt. Alle Evaluationen haben gezeigt, dass das Programm zu einer wesentlichen Reduktion von Bullying und Opferwerdung führte. Antisoziale Verhaltensweisen wie Vandalismus, Kämpfe, Diebstahl und Schuleschwänzen gingen signifikant zurück. Das soziale Klima an den Schulen und in den Klassen wurde verbessert, sogar wurde eine positivere Einstellung zu Schule und Leistung festgestellt. Experten sind sich einig: Das Olweus Programm dürfte die bekannteste Gewaltpräventionsmethode an Schulen sein.

Es wäre dringend angebracht, in Ergänzung zur Peer-Mediation in Luxemburg eine mehrjährige nationale Kampagne wie beispielsweise die „Zero-Tolerance-Vision“ in die Wege zu leiten. Gute erprobte Erfahrungen sollte man umsetzen.

Jugendpolitik überdenken.

Die Stadt Augsburg geht neue Wege in der Jugendpolitik. An die Stelle der klassischen, angebotsorientierten Jugendpolitik tritt eine zivilgesellschaftliche Jugendpolitik, die sich an den Leitsätzen Solidarität, Eigenverantwortung, Miteinander und Umeinander orientiert. Eine so verstandene Jugendpolitik ist weit mehr als das Bereitstellen von Infrastrukturen wie  Jugendhäusern und wird heutigen Herausforderungen weit eher gerecht. Das gesamte soziale Umfeld der Jugendlichen, der Markt mit seinen hemmungslos vorgetragenen Angeboten suggeriert permanent und eindringlich vermeintliche Wünsche junger Menschen. Konsum ist das Maß aller Dinge. Jugendliche sind sehr schnell in unterschiedliche Klassen aufgeteilt. Jene die Mithalten können und jene die chancenlos sind. Konflikte sind vorprogrammiert.

Augsburg bemüht sich hier um einen sozialen Ausgleich zwischen den Jugendmilieus. So wurde das klassische Ferienprogramm systematisch in vernetzte Initiativen umgestellt. Freiwillige wurden konsequenter rekrutiert, Vereine und Eltern mit einbezogen. „Tschamp“-Ferien in Augsburg erfreuen sich bei den einheimischen Jugendlichen großer Beliebtheit. Gezielte Theater- und Tanzworkshops, Stadtteilfeste, Friedensfest, Zeltlager oder Medien-Camp stehen im Angebot. Das Projekt „Change-in“ steht für solidarisches Zusammenleben in der Kommune. Zwei Mal im Jahr engagieren sich Jugendliche freiwillig um unter Begleitung eines Mentors an den unterschiedlichsten Orten aktiv zu werden. Der Zoo, das Theater, die Seniorenbetreuung, das Malteserhilfswerk oder die Sportvereine sind mögliche Einsatzstellen. „Logi-Fox“, eine multikulturelle Zeitung von Kindern und Jugendlichen gemacht, artikuliert Probleme, Fragestellungen, Ängste, Hoffnungen und Wünsche.

All diese ganz konkreten Initiativen der Stadt Augsburg versuchen in der Tat zu verhindern, dass jungen Menschen durch Gewalt zur Sache werden. Denn Sachen kann man einfach wegschmeißen.

Gewalt- und Aggressionsprävention ist vielschichtiger als man gemeinhin annimmt. Ein guter Ansatz ist sicherlich der in Tübingen praktizierte, permanente „Runde Tisch“. Es geht hier um die Bündelung der vor Ort existierenden Initiativen und Erfahrungen von Sozialarbeitern, Polizei, Kirchen, Vereinen, Schulen, Ärzten, Medien, engagierten Bürgern und Politik. Erfahrungswerte zeigen, dass durch einen solchen Austausch von „Experten“ sehr schnell engagierte Präventionspolitik entsteht.

Um ein konkretes Modell für luxemburgische Gemeinden und Schulen zu entwickeln, hat der Cercle de Réflexion et d’Initiative Vivi Hommel eine Kooperation mit der Klaus-Jensen-Stiftung aus Trier beschlossen, eine Stiftung die große Erfahrungswerte im Bereich der Gewaltprävention besitzt.

Kommunale Potentiale nutzen!

„Man muss an die Zukunft glauben, an eine bessere Zukunft. Die Welt will Frieden.“

Erich Maria Remarque

Einfluss nehmen! Eine wichtige Maxime der 1982 gegründeten „Mayors for Peace“. Die Überlegungen, die zur Gründung der Vereinigung führten, waren prägnant. Da die Bürgermeister verantwortlich für die Sicherheit und das Leben ihrer Bürger sind, gilt es für sie auch in der Friedensthematik klare Positionen zu beziehen. Mit ihrer aktuellen Kampagne „Vision campaign 2020“ treten die Bürgermeister für die Abschaffung aller Atomwaffen ein. Im Leitbild der internationalen Vereinigung wird auf die Vernetzung zwischen atomarer Rüstung, Hunger, Armut, Flüchtlingsproblematik, Menschenrechten und Umweltzerstörung hingewiesen. Die 3.147 Bürgermeister aus 134 Ländern (Stand 1. Oktober 2009) sehen also ebenfalls den Zusammenhang der Friedensbemühungen mit den schon in dieser Serie beschriebenen Millenniumszielen.

Es ist absolut begrüßenswert, dass es in Luxemburg zur Zeit 56 Bürgermeister gibt, die Mitglieder der „Mayors for Peace“ (www.mayorsforpeace.org) sind. In einer strukturierten Koordination der einheimischen Mitgliedskommunen liegt ein ungeahntes Potential. Man stelle sich beispielweise vor, alle 56 Gemeinden würden jährlich anlässlich des Weltfriedenstages am 21. September gemeinsam ein Zeichen setzen und sich öffentlich als Städte und Kommunen des Friedens darstellen.

Von Kid’s Guernica und einem Peace-Trail.

Peter van den Dungen, Begründer und Koordinator des „International Network of Museums for Peace“ plädiert für innovative Ideen in „Friedensstädten“. Hierzu gibt es vereinzelt Beispiele, die mit etwas Phantasie so oder ähnlich umgesetzt werden könnten.

Die deutsche Stadt Osnabrück fühlt sich als Ort des Westfälischen Friedensabschlusses von 1648 dem Friedensgedanken und der Friedenssicherung verpflichtet. Besonders interessant ist, dass Osnabrück die Gegenwart und die Zukunft mit der Vergangenheit verbindet. Die Geschichte wird als Auftrag gesehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs in der Kommune sehr schnell die Erkenntnis, dass nur ein Geist der Toleranz und Humanität Rassismus und Rassenwahn in Zukunft verhindern kann. An dieser Überzeugung orientiert sich bis heute die Friedensarbeit. Osnabrück zeigt ganz konkret, wie die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte in Form der Erstellung eines „kollektiven Gedächtnisses“ einen wesentlichen Teil zur Friedenserziehung beitragen kann. Schüler des Gymnasiums in Lohbrügge beurteilten ihre Erfahrung mit einem „kollektiven Gedächtnis“ folgendermaßen: „Das Projekt ist ein Zeichen für den Generationendialog. Jung und Alt gemeinsam gegen das Vergessen und für das Leben – das Vergangene wird archiviert, weil es unsere Gegenwart und unsere Zukunft mit bestimmt. Und weil wir daraus lernen können. Nicht nur für unser Leben, sondern auch über das Leben Anderer.“

Die französische Kommune Aubagne in der Provence, legt in ihrer Friedensarbeit besonderen Wert auf die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen. Mit einer Ausstellung der internationalen Vereinigung „Kid’s Guernica“ gelang es der Stadt Aubagne ihre Bürger für Frieden und Abrüstung zu mobilisieren. Kinder und Jugendliche der französischen Kommune haben hierfür Bilder zum Thema Frieden gemalt und ausgestellt. Die Bilder haben jeweils die Größe von Pablo Picasso’s Meisterwerk „Guernica“, das die Schrecken des 1937 erfolgten Bombenangriffs auf das baskische Städtchen während des spanischen Bürgerkrieges darstellt.

Im nordenglischen Bradford hat sich das Departement für Friedensstudien an der dortigen Universität zu einer der bekanntesten Institutionen dieser Art entwickelt. Die Hochschule gab den eigentlichen Anstoß, dass sich Bradford zur Stadt des Friedens erklärte und 1997 beschloss, diese Entscheidung in einem Buch „City of Peace: Bradford’s Story“ zu dokumentieren. Die mannigfaltigen Dimensionen des Themas Frieden, historische und aktuelle, lokale, nationale und internationale Zusammenhänge wurden exemplarisch dokumentiert. Neun Jahre später stellten Kommune und Bürger in einem handlichen Büchlein den „Bradford Peace Trail: A walk around Bradford, City of Peace“ vor. In diesem Touristenführer werden Orte und Plätze der Stadt beschrieben und dargestellt, die speziell mit Frieden und Sozialreformen zu verbinden sind. Die Verantwortlichen wollten nicht nur den Besuchern die Friedensthematik näherbringen, sie wollten auch den Bürgern Bradfords ihre Heimatstadt einmal anders vorstellen.

Vom „Anderssein“, tausend Tönen und einem Friedensetat.

Das österreichische Linz ist nicht nur Kulturhauptstadt 2009, die Stadt definiert sich mit Engagement seit 1986 als „Friedensstadt“. Solidarität mit Menschen in Konfliktregionen, Gerechtigkeit und Menschenrechte sowie ökologische Nachhaltigkeit sind Werte, welche die „Friedensstadt“ Linz konsequent fördert. Dialogbereitschaft und Toleranz untereinander sollen dabei als selbstverständliche Umgangsformen gelten. Ein wertschätzender Umgang mit Fremden und eine konstruktive Konfliktkultur sind für die Linzer Verantwortlichen prioritär.

Alle Fraktionen im Gemeinderat befürworten die Friedensinitiativen ihrer Stadt, der Bürgermeister selbst übernimmt Verantwortung; die Verwaltung wurde strukturell in die Friedensarbeit eingebunden; Kulturinitiativen und –einrichtungen werden konsequent unterstützt, Vereine und Einrichtungen wie Kirche, Schule oder sozialer Dienste werden sensibilisiert. Es entsteht eine Offenheit und Dynamik, die dem Ganzen zu Gute kommt.

Die Stadt Augsburg ist historisch geprägt durch den „Augsburger Religionsfrieden“. Im Bewusstsein dieser Tatsache versteht sich Augsburg als Friedensstadt. Ein Friedenspreis, die aktive Beteiligung der lokalen Universität an Projekten wie „Das tägliche Leben in unserer Friedensstadt“, gehören zu festen Bestandteilen der Aktivitäten. Das besondere an Augsburg ist das „Festival der 1000 Töne“. Hier gibt es jährlich anlässlich eines Musikfestivals einen Überblick über die große Vielfalt der Kulturen in Augsburg. Die Friedensstadt dokumentiert damit, dass das Miteinander der Kulturen für Alle bereichernd ist.

Das flämische Ypern in Belgien wurde in brutalen Schlachten während des ersten Weltkrieges völlig zerstört. Mit der Eröffnung des „In Flanders Fields-Museum“ hat sich Ypern und die ganze Region 1998 dazu bekannt, Friedensstadt und Friedensregion zu sein. Eine Reihe von Initiativen war die Folge, wie z.B. die Einrichtung eines kommunalen Friedensamtes oder die Stiftung eines Friedenspreises durch die Stadt. Im jährlichen kommunalen Budget erscheint ein Friedensetat. Dieser Budgetposten dient zur Finanzierung des gestifteten Preises sowie zur materiellen und finanziellen Unterstützung lokaler Initiativen. Weiter sind Projekte wie Kriegserinnerung, internationale Begegnungen mit aus Konfliktgebieten kommenden Jugendlichen oder die kommunale Verwaltungshilfe im Kosovo Schwerpunkte dieses Etats. Dass Ypern schon eine engagierte Friedensstadt ist, zeigt die Tatsache, dass das internationale Sekretariat der „Mayors for Peace 2020“-Kampagne dort seinen Sitz hat.

Mit etwas politischem Willen kann demnach vieles für eine Kultur der Gewaltfreiheit geleistet werden.

In einem letzten Beitrag werden einige konkrete Beispiele in Sachen Gewalt- und Aggressionsprävention vorgestellt. Hier spielen Schule und Jugendarbeit eine besonders wichtige Rolle.

Am Weltfriedenstag gegründet.

Ganz bewusst am 21. September, dem jährlichen UN-Weltfriedenstag, wurde der Cercle de Réflexion et d‘Initiative Vivi Hommel definitiv gegründet. In Erinnerung an eine engagierte Pazifistin, die all zu früh verstorbene Diplom- und Heilpädagogin Vivi Hommel, nahm die neue Vereinigung ihre Tätigkeit auf.

„Our future: peace, solidarity, education, democracy“ ist für die Gründer dieses “Cercle de Réflexion et d’Initiative” mehr als nur ein Slogan in dem Namenszug.

Die Umsetzung der UN-Millenniumsziele, die Überzeugung, dass Konflikte nicht mit Gewalt und militärischen Mitteln zu lösen sind, sowie die Erziehung zur Friedensfähigkeit, Gewaltlosigkeit und Achtung Andersdenkender, sind Handlungsfelder des CRI Vivi Hommel.

Das Erreichen einer Kultur der Gewaltfreiheit durch konkrete Initiativen im Bereich der Aggressionsprävention, wird die Vereinigung prioritär beschäftigen. In diesem Zusammenhang wird der CRI Vivi Hommel eine enge Zusammenarbeit mit der renommierten Klaus-Jensen-Stiftung aus Trier in die Wege leiten.

Raymond Becker (Präsident), Akhtar-Hommel Isabelle und Michel Schaack (Vize-Präsidenten), Françoise Kuffer (Sekretärin), Carlo Hommel (Kassierer) sowie Jean Rhein und Henri Welschbillig bilden den Vorstand des CRI Vivi Hommel.

Unterstützen kann man die Vereinigung durch Überweisung eines Beitrags (Mitglied 20€, Student 10€, Sympathisant 25€) auf das Konto des CRI Vivi Hommel: CCPLLULL IBAN LU71 1111 2993 9250 0000. Kontaktaufnahme unter cerclevivihommel@gmail.com.

(Mitgeteilt 19.10.09)

Global denken – Lokal handeln!

„Es ist wichtiger etwas im Kleinen zu tun, als im Großen darüber zu reden.“

Willy Brandt

Vor dem Erdgipfel zur nachhaltigen Entwicklung im Jahre 1992, mussten sich die Kommunen ihre Teilnahme an der Konferenz noch erstreiten. Die Resultate dieser Tagung in Rio de Janeiro, Stichwort Agenda 21 und Bürgerbeteiligung, zeigten aber bereits die Bedeutung der kommunalen Körperschaften im Hinblick auf das angestrebte Ziel einer nachhaltigen Entwicklung für das 21ste Jahrhundert. Bei der Habitat-Erklärung (Entwicklung der menschlichen Siedlungen) im Jahre 1996 wurden die Kommunen seitens den Vereinten Nationen „als engste Partner der nationalen Regierungen“ bezeichnet. Für das Erreichen der Millenniumziele betont der UN-Generalsekretär immer wieder die „Relevanz der kommunalen Ebene“ und das sogenannte „Cardoso-Panel“, eine UN-Kommission eminenter Persönlichkeiten unter Leitung des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Fernando Cardoso, wies 2004 in seinem Bericht „We the Peoples: Civil Society, the United Nations and Global Governance“, auf die Wichtigkeit der kommunalen Ebene hin. Sie fungiert als unerlässliches Bindeglied zwischen den Vereinten Nationen und der Zivilgesellschaft. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass die Vereinten Nationen die Kommunen als wichtigen Partner zum Erreichen wesentlicher sozialer und gesellschaftspolitischer Ziele ansehen.

Die ehemalige niederländische Ministerin für Internationale Entwicklung Eveline Herfkens ist heute die UN-Sonderbeauftragte für die Millenniums-Entwicklungsziele-Kampagne. Sie plädiert für konkrete kommunale Aktionen.

Eine Kommune hat eine Vorreiterfunktion. Dies bedeutet, sie muss aufklären, sensibilisieren und motivieren. Wie dies geschehen kann, sei an ein paar ganz konkreten Beispielen verdeutlicht.

Von Litfaßsäulen über das weiße Band…

 

  • Zu Beginn muss ein politischer Wille vorhanden sein um die Vernetzung bestehender Zukunftsfragen zu verdeutlichen. Eine Gemeinderats-Resolution wäre hierzu ein erster wichtiger Schritt. So erhielten „Eine-Welt“ oder entwicklungspolitische Themen Einzug in die kommunalpolitischen Diskussionen. Ein starkes Signal an die Bevölkerung.
  • Für die 8 Millenniumsziele der UN muss geworben werben. Eine tolle Initiative entstand in der italienischen Stadt Perugia. Auf 8 Toren, bzw. Litfaßsäulen wurden die 8 Millenniumsziele dargestellt, die jeweilige Ausgangslage, was die Weltgemeinschaft und der Einzelne tun können, um das jeweilige Ziel zu erreichen. Ähnliche Säulen kann man sich gut in anderen Städten oder Gemeinden vorstellen. Sie können dann auch ganz gezielt für schulische Veranstaltungszwecke eingesetzt werden.
  • Eine wichtige kommunale Aufgabe ist der Wasserversorgung. Daher liegt es auf der Hand, hier für ein vernetztes Denken zu sensibilisieren. Es gilt aufzuklären, dass etwa 1/3 der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser hat. Eines der Millenniumsziele will erreichen, dass bis 2015 die Hälfte der betroffenen Menschen endlich Zugang zu sauberem Wasser erlangen. Durch unser Konsumverhalten haben wir einen direkten Einfluss auf das Erreichen dieses Zieles. Für alles, was wir konsumieren wird Wasser verbraucht, dies passiert oft in Länder und Regionen, die schon von Trockenheit betroffen sind. Wenn wir wissen, dass 16.000L Wasser für ein Kilogramm Rindfleisch benötigt werden, gar 20.000L für ein Kilogramm Kaffee, 10L für ein DIN A4-Blatt oder 2.000L für ein Baumwoll-Shirt, so wird ersichtlich, dass ein bewussteres Konsumverhalten unsererseits vieles bewirken kann. „Global denken – Lokal handeln“ wird hier sehr konkret.
  • Am 17ten Oktober findet der jährliche „Internationale Tag für die Beseitigung der Armut“ (www.bandeaublanc.lu) statt. Das weiße Band ist zu einem weltweiten Symbol des Kampfes gegen die Armut geworden. Das weiße Band an einem Rathaus oder einer lokalen Sehenswürdigkeit ist eine einfache und effektive Möglichkeit, aufmerksam zu machen auf den Kampf gegen die Armut. Zudem kann der Gemeinderat die internationale Kampagne (www.oct17.org) mit der Unterzeichnung des Appels „Mit vereinten Kräften für eine Welt ohne Armut und Ausgrenzung“ unterstützen.

…zu UNESCO-Schulen und Partnerschaften.

 

  • In vielen Kommunen sind lokale NGO’s in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv. Oft arbeitet jede Organisation für sich, ohne Koordination mit den anderen. Hier müssen die Kommunen durch gezielte Unterstützung für ein vernetztes Zusammenarbeiten eintreten. „Betebuerg helleft“ oder Diddeleng helleft“ sind Beispiele. Die Einbindung von aktiven Bürgern erhöht in einer Kommune sehr schnell den Multiplikationseffekt für gemeinsame Ziele.
  • Die Kommunalpolitik hat Einfluss auf die organisatorische und inhaltliche Gestaltung der Schulen, die weit über die vom Ministerium festgelegten Bildungsinhalte hinausgeht. Hier gilt es pädagogische Initiativen wahr zu nehmen. Sich zu den Prinzipien einer UNESCO-Projekt-Schule bekennen, wäre ein erster Schritt. Innerhalb solcher Projekt-Schulen stehen Themen wie Menschenrechte, Umweltschutz und Toleranz ganz oben auf der pädagogischen Agenda.
  • Neue Städtepartnerschaftsinitiativen sind eine weitere Möglichkeit, kommunalpolitisch für die Millenniumsziele einzutreten. Im Rahmen einer solchen Partnerschaft muss den Bürgern verstärkt vermittelt werden, mit welchen für uns unvorstellbaren Problemen und Herausforderungen Menschen in anderen Teilen der Welt konfrontiert sind. Es muss bei solchen Partnerschaften auch um das kulturelle „Von-Einander-Lernen“ gehen. Als Beispiel sei die Partnerschaft der Gemeinde Roeser mit den Kolla-Indios in Argentinien erwähnt.
  • Aufgrund der wachsenden lokalen Verantwortung haben sich in den letzten Jahren immer mehr Kommunen in globalen Netzwerken organisiert. Ob in dem „International Council for Local Environmental Initiatives (ICLEI)“, dem internationalen Klima-Bündnis oder „Cities Alliance“.

Entwicklungspolitik ist Friedenspolitik. So gehören die Millenniumsziele auch auf die lokale politische Agenda. Die Kommunalpolitik erreicht Menschen direkter und konkreter, sie kann durch gezieltes politisches Handeln Menschen motivieren, begeistern und bewegen. Die Kommunen sind demnach unerlässliche Partner ihrer jeweiligen Regierungen.

Es wird immer deutlicher, dass unsere Zukunft sehr eng mit der globalen Entwicklung zusammenhängt. In der „Einen Welt“ betreffen unsere Entscheidungen immer auch die Menschen auf anderen Kontinenten. Und die Zukunft dieser Menschen wird wiederum unser Leben stark beeinflussen. Wir entscheiden demnach hier und heute über die Zukunft unserer Kinder.

Es gibt aber noch zusätzliche friedenspolitische Aktivitäten vor Ort. Woran erkennt man eine „Friedenskommune“? Ist uns bewusst, dass wir in Luxemburg ungeahntes Potential haben? Dazu mehr in einem weiteren Beitrag.

Am Samstag Flagge zeigen: STAND UP!

Beim Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen herrschte im Jahre 2000 Aufbruchsstimmung. 189 Staats- und Regierungschefs verabschiedeten die UN-Millenniumserklärung. Sie versprachen, bis 2015 acht Millenniumsziele (Bekämpfung von extremer Armut und Hunger; Primärschulbildung für alle; Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung der Rolle der Frauen; Senkung der Kindersterblichkeit; Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Mütter; Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten; Ökologische Nachhaltigkeit; Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung) umzusetzen und alles zu tun um die weltweite Armut mindestens zu halbieren.

Diese Versprechen der Staats und Regierungschefs sind gute Gründe sich am kommenden Samstag an der „Action mondiale contre la pauvreté“ zu beteiligen.

Die weltweite Lage macht die Umsetzung der Millenniumsziele dringlicher denn ja. Wir leben in der „Einen Welt“. Es geht um unser aller Zukunft.

  • „Stand up“, dass es in Zukunft keine 1 Milliarde Menschen mehr gibt, die an Hunger und Unterernährung leiden.
  • „Stand up“, dass in Zukunft endlich 1,1 Milliarden Menschen Zugang zu genügend sauberem Trinkwasser haben.
  • „Stand up“, dass arme Länder die Chance bekommen ihre Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen.
  • „Stand up“ um sich in die weltweite Bewegung einzureihen, um zu verdeutlichen, dass wir alle gemeinsam auf die Einhaltung eingegangener Verpflichtungen drängen.
  • „Stand up“ auch um zu verdeutlichen, dass es für ein reiches Land wie Luxemburg unwürdig ist, dass 12% der hierzulande lebenden Menschen als arm zu bezeichnen sind.
  • „Stand up“ am kommenden Samstag auf der Place d’Armes in Luxemburg. Alle Informationen zur Manifestation unter www.bandeaublanc.lu.

Mitgeteilt 13.10.2009