Kriegs- und Fluchtursachen: Ein grenzüberschreitendes Netzwerk.

„Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“

Georg Christoph Lichtenberg

Bewusst an diesem 10. Dezember zum 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, gründeten 6 Vereinigungen aus 5 Regionen und 4 Ländern ein Netzwerk in unserer Großregion.Mit ihrem Appel (1) „Kriegs- und Fluchtursachen: GrenzüberschreitendeProjekte für Frieden und Solidarität“ stehen die Arbeitsgemeinschaft FriedenTrier, die Coalition luxembourgeoise pour la paix, die Friddens- aSolidaritéitsplattform Lëtzebuerg, das Friedensnetz Saar, der Mouvement pour une Alternative Non-violente Nancy und Pax Christi Saar, für die Einhaltung der Menschenrechte. Sie wollen konkrete Initiativen für Abrüstung und globale Gerechtigkeit, sie fordern Solidarität mit Geflüchteten und Einsatz für Weltoffenheit statt Militarismus, Populismus und Hass. Dieses europäische Netzwerk möchte Bürger*innen in der Großregion für ihr Ziel, eines gewaltlosen Zusammenlebens, sensibilisieren.

Die Zivilgesellschaft ist gefordert sich stärker einzumischen, denn die Welt ist nicht friedlicher geworden:

  • Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung an der Universität Hamburg, veröffentlicht jährlicheine Übersicht über die Kriege und bewaffneten Konflikte. Laut dieser Forschungseinrichtung fanden 2017 weltweit 27 Kriege und 4 sogenanntebewaffnete Konflikte statt. Das „Internationale Institut für StrategischeStudien (IISS)“ in London, beziffert die Zahl der Toten in bewaffnetenKonflikten im letzten Jahr, auf 157.000 Menschen.
  • Laut dem schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI erreichten die weltweiten Militärausgaben 2017 mit schätzungsweise 1.739 Mrd. US-Dollar den höchsten Stand seit Ende des Kalten Krieges im Jahre 1989. Diese Tendenz ist weiter ansteigend.
  • Der internationale Waffenhandel boomt. Größter Kunde ist Indien, das menschenverachtendeSaudi-Arabien folgt an zweiter Stelle der Großeinkäufer, vor Ägypten und denVereinigten Arabischen Emiraten. Besonders rüstungspolitische Konzerne in denUSA, Russland, Frankreich, Deutschland und Großbritannien profitieren mit Unsummenan dem blutigen Handel.
  • Künstliche Intelligenz undKillerrobotor entfachen Begeisterung bei Militärs und Rüstungsindustrie. Dieseneuen aufstrebenden Werkzeuge der Kriegsführung versprechen ungeahntemilitärische Optionen. Rasha Abdul Rahim, Beraterin für Künstliche Intelligenzund Menschenrechte bei Amnesty International, bringt es auf den Punkt: „ (…)diese Waffen entwickeln sich technisch schneller als das internationale Recht.Wir gleiten in eine Zukunft, in der wir über die Auslöschung von Menschenlebennicht mehr selbst entscheiden“.
  • Die amerikanische Führung bestätigtedurch ihren Vize-Präsidenten: „Jetzt ist die Zeit gekommen, das nächstegroße Kapitel in der Geschichte unserer Streitkräfte zu schreiben (…) Amerikamüsse sich auf das nächste Schlachtfeld vorbereiten“, um dort „eineneue Generation von Bedrohungen gegen unser Volk und unsere Nation abzuwehren.Die Zeit ist gekommen, um die United States Space Force zu gründen.“ Nebender Aufrüstung bei den Land-, Wasser- und Luftstreitkräften scheint sich dasWeltall als viertes militärisches Feld zu positionieren.
  • Auf der diesjährigen„Münchener Sicherheitskonferenz“ stand das Thema „Cyberwar“ im Fokus. EinExperte des „Nato Cooperative Cyber Defence Centre“ in Tallin präzisiert:“Reine Cyberkriege werden selten sein, wir erwarten eher Hybride mitvirtueller und konventioneller Beteiligung. Wenn aber ein Cyberangriff auf dievitalen Strukturen eines Staates erfolgreich ist und nicht kurzfristig behobenwerden kann, dann beginnt das Sterben in etwa 14 Tagen.“ Das Sterben inunserer realen Welt. Somit hätten wir eine fünfte militärische Ebene.
  • Militärische Eskalationwird wieder bewusst gefördert. Atomwaffen gelten wieder als Garant jeweiligernationaler Sicherheitsgarantien. Gedankenspiele begrenzter Nuklearkriege sindkonkret. Die Drohgebärden und Muskelspiele um die Aufkündigung des sogenanntenINF-Vertrages, einer Vereinbarung, die es den USA und Russland verbot,landgestützte Nuklearraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500Kilometern zu produzieren, zu besitzen oder zu testen, passen in diesenuklearen Gedankenspiele. Um die nukleare Sicherheit in Europa, steht es soschlecht wie schon lange nicht mehr.
  • Dem kleinen Däumling imMärchen gleich, bewegt sich die Europäische Union mit Siebenmeilenstiefeln inRichtung Rüstung. Unter dem harmlos-nichtssagenden Kürzel PESCO (PermanentStructured Cooperation) wurde eine weitreichende Militarisierung derEuropäischen Union beschlossen. Regelmäßige Erhöhung desVerteidigungshaushaltes (sprich Aufrüstung) oder mittelfristige Anhebung derRüstungsausgaben auf 20% des Verteidigungshaushalts, zeigen die Richtung. DerKern einer EU-Armee in einem „militärischen Schengen“ ist gelegt.
  • Die Zahl der Geflüchteten stiegEnde dieses Jahres auf 65,6 Millionen. Erstmals in der Geschichte der Neuzeitmachten Flüchtlinge 1% der Weltbevölkerung aus. Es zeichnet sich ab, dassdieser traurige Rekordwert weiter steigen wird. Die Ursachen für Flucht undMigration sind oft komplex: Krieg, korrupte staatliche Strukturen, Gewalt, ökonomischesDesaster oft durch knallharte westliche wirtschaftliche Interessen,Naturkatastrophen oder Klimawandel. Ein Nährboden auch für Extremismus undTerrorismus.

António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat für das 21. Jahrhundert sechs gemeinsame Werte vonbesonderer Bedeutung skizziert: Freiheit; Gerechtigkeit und Solidarität; Toleranz; Gewaltverzicht; Achtung vor der Natur und gemeinsame Verantwortung.

Das neugegründete Netzwerk möchte hierfür in unserer Großregion einen Beitrag leisten.

Raymond Becker

Koordinator des Netzwerkes „Kriegs- und Fluchtursachen: Grenzüberschreitende Projekte für Frieden und Solidarität“.

(1) http://www.cerclevivihommel.lu