Vivi Hommel Präis 2019 – Laudatio Réiser 28.9.2019

Raymond Becker – Präsident des CRI Vivi Hommel

Es ist mir eine Freude im Namen des „Cercle de réflexion et d’initiative Vivi Hommel asbl“ der Gemeinde Roeser, den diesjährigen nach einer unermüdlichen Friedensaktivisten benannten Preis zu Überreichen.

Die allzu früh verstorbene engagierte Diplompädagogin Vivi Hommel (1949-1986) dient als Vorbild für die Gründung eines „Cercle de réflexion et d’initiative“, einer Vereinigung die sich allgemein mit den Themen Frieden, Solidarität, Bildung und Demokratie beschäftigen wird.

Vivi Hommel war in den 80ger Jahren aktives Mitglied der „Aktioun fir de Fridden“. Als engagierte Christin war sie überzeugt von der Wichtigkeit der Erziehung zum Frieden, von dem Dialog mit Andersdenkenden und –glaubenden, von der Möglichkeit einer gewaltlosen Lösung bestehender Konflikte und vom notwendigen Protest gegen die wahnsinnige Rüstungsspirale.

Alle die das Glück hatten, diese außergewöhnliche Frau kennenzulernen, bleibt Vivi als offene, tolerante und tief humanistische Person in Erinnerung.

Wir versuchen in unserer Arbeit weiterhin ihren Überzeugungen gerecht zu werden. So sind wir ein klein wenig „houfferech“ bei der Gründung der neuen „Friddens- a Solidaritéitsplattform Letzebuerg“, neben der „Lëtzebuerger Friddensinitiativ“ und der „asbl Life“, als Pate gestanden zu haben.

Wir glaubten am Ende des sogenannten „kalten Krieges“ im Jahre 1991, wir hätten es geschafft. Wir hätten die drängendsten Probleme erkannt und würden einer Lösung zusteuern:

Allein 1992 der Weltgipfel von Rio de Janeiro, wo erstmals global das Recht auf nachhaltige Entwicklung (sustainable development) verankert wurde. Die Analysen des Club of Rome, mit ihren Warnungen im Bericht „die Grenzen des

Wachstums“, dass unsere Lebensweise drastische Auswirkungen auf die Ressourcen der Erde haben werden. Der Aufruf der internationalen Gemeinschaft auch an die regionalen und kommunalen Verantwortlichen sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden.

„Global denken – lokal handeln“ lautete Anfang der 90ger die Philosophie innovativer Politik.

Aufgrund dieser Bewusstseinslage war die Gemeinde Roeser, in Luxemburg, Vorreiter diese Philosophie in die Praxis umzusetzen.

Im Jahre 1990 wurde in Frankfurt ein Netzwerk europäischer Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder „Klimabündnis – Alianza del Clima“ gegründet. Die Mitglieder dieses Bündnisses verpflichteten sich, mit ihren Möglichkeiten das Weltklima zu schützen. In 26 europäischen Ländern gibt es heute über 1.700 Mitgliedskommunen.

Roeser war die erste Gemeinde Luxemburgs, die per einstimmigem Gemeinderatsbeschluss 1991 beschloss, diesem internationalen Bündnis beizutreten. Die Gemeinde Roeser stand 1994 mit weiteren Partnern, Pate bei der Gründung des „KlimaBündnis Lëtzebuerg“, das heute 40 Mitgliedskommunen umfasst und eine enge Zusammenarbeit mit dem Mouvement Écologique und der Action Solidarité Tiers-Monde verfolgt.

Ein Zitat bleibt immer noch aktuell und das Zitat stand auch wohl irgendwie im Raum, als die Gemeinde Roeser 1992 diese Partnerschaft mit der indigenen Kolla-Gemeinschaft aus der Provinz Salta in Argentinien einging: Keine leeren Worthülsen und ProForma-Entscheidungen.

Das Zitat von Erich Kästner lautet :“Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es!“

Genau dies tat die Gemeinde Roeser.

Eine Partnerschaft basierend auf Werten wie Menschenrechte, Schutz der natürlichen Umwelt, Selbstverwirklichung im Respekt mit den eigenen Traditionen und Kulturen, solidarische gegenseitige Hilfestellung.

Eine Partnerschaft die auf den Werten von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit fußt.

Ich habe Anfangs formuliert: „Dabei glaubten wir am Ende des sogenannten „kalten Krieges“ , wir hätten es geschafft. Wir hätten die drängendsten Probleme erkannt und würden einer Lösung zusteuern“. Anno 2019 müssen wir feststellen, dass wir weit hiervon entfernt sind.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres warnt immer wieder vor Atomkrieg, Klimawandel, Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus, Ungleichheit zwischen arm und reich.

All das was wir eigentlich schon 1992 wussten und verbessern wollten, schlägt heutzutage mit voller Wucht zu: Wir leben in einer teils hysterischen Konsumgesellschaft die keine Ressourcen-schonenden Produktionsweisen zulässt.

Der französische Philosoph Edgar Morin analysiert, dass unser politisches Denken auf die Ökonomie reduziert wurde, eine Ökonomie, die sich zu einem Konzept entwickelt hat, das wir heute Neo-Liberalismus nennen. Dieses Denken glaubt, dass der Profit, der Markt und der Reichtum weiter sprudelt falls wir nur wachsen.

Dies kann nicht aufgehen:

  • Der jährliche „Earth Overshoot-Day“, also jener Tag des laufenden Jahres, an dem die menschliche Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen das Angebot und die Kapazität der Erde zur Reproduktion dieser Ressourcen in diesem Jahr übersteigt, liegt 2019 am 29. Juli. Zum Vergleich im Jahre 1992, also zu Beginn dieser Partnerschaft lag er beim 12. Oktober.
    In der EU fällt dieser Tag im Jahre 2019 auf den 10. Mai. In Luxemburg auf den 16. Februar, in Argentinien auf den 26. Juni.
  • Wenn man sieht, wie schwer sich die Weltgemeinschaft tut, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, kann einem schon mulmig werden. „How dare you!“, „Wie können sie es wagen“, waren die Worte von Greta Thunberg in ihrer rezenten Rede bei den Vereinten Nationen. Eine Rede in der den mächtigsten der Welt, ihre inkonsequente Vorgehensweise in Sachen Klimapolitik angeprangert wurde.

Die vielbeachtete Stellungnahme der Kolla-Gemeinschaft gestern bei der Demonstration „United for climate change“ zeigt bei die Themen Klima, Umwelt und Biodiversität, dass diese Partnerschaft aktueller denn je ist.

Die Philosophie des globalen Denkens und des lokalen Handelns ist wichtiger denn je. Es gilt weiterhin den Menschen vor Ort, in einer Region, in einer Kommune die Wechselwirkungen unseres Handelns zu verdeutlichen und mit konkreten politischen Initiativen zu untermauern.

Es ist wichtig, dass der Roeser Gemeinderat diese Partnerschaft aufgrund ihrer Gründungswerte am kommenden Montag politisch bekräftigt.

Ich möchte bewusst in dieser Gemeinde einen Wunsch im Namen des Cercle Vivi Hommel äußern, der Wunsch passt ohne Zweifel in den Rahmen dieser Partnerschaft:

Luxemburg hat sich in seinem Entwurf eines integrierten nationalen Energie- und Klimaplans schon ambitionierte Ziele gesetzt. Diese Ziele müssen umgesetzt werden.

Um diese Ziele umzusetzen, braucht es neben der Industrie, dem Handel und der Landwirtschaft auch die Zivilgesellschaft, die Bürger*innen in und mit den Kommunen.

„Die nächsten Jahre sind wahrscheinlich die Wichtigsten in der Geschichte der Menschheit“, war der Tenor anlässlich der Vorstellung des letzten Berichtes des Weltklimarates Ende letzten Jahres.

Viele Städte und Kommunen haben es schon getan, es werden quasi täglich mehr, wie Saarbrücken, Trier, Speyer oder Landau in unserer Großregion.

Sie haben den Klimanotstand oder vielleicht besser ausgedrückt die „Climate Emergency“ erklärt. Dies hauptsächlich, um besonders in den aktuellen weltweiten Debatten zum Thema Klima, die lokale Bevölkerung zu mobilisieren und die eigenen kommunalen Ziele nochmals zu bekräftigen und auszubauen.

Es wäre ein starkes kommunales Zeichen auch in Luxemburg.

Man kann so verdeutlichen, dass man als Gemeinde auch eine notwendige Hilfestellung leisten will, um die Ziele des nationalen Energie- und Klimaplans umzusetzen.

Es ist mir im Namen des Cercle Vivi Hommel eine besondere Ehre, den Vivi Hommel-Präis 2019 an die Gemeinde Roeser für ihre einzigartige Partnerschaft mit der Kolla-Gemeinschaft „Tinkunaku“ zu überreichen.

Eine Partnerschaft dessen Werte „Liberté, Égalité, Fraternité“ keine hohlen Phrasen sind.

„Es ist mir im Namen des Cercle Vivi Hommel eine besondere Ehre, den „Vivi Hommel-Präis 2019“ an die Gemeinde Roeser für ihre einzigartige Partnerschaft mit der Kolla-Gemeinschaft „Tinkunaku“ zu überreichen. Eine Partnerschaft dessen Werte „Liberté, Égalité, Fraternité“ keine hohlen Phrasen sind.“ Raymond Becker in seiner Laudatio anlässlich der diesjährigen Vergabe.