Die rezente 55. Münchener Sicherheitskonferenz hinterließ letztendlich ein gehöriges Maß an Ratlosigkeit. Die anwesenden 600 Sicherheitsexperten sowie 35 Staats- und Regierungschefs und 80 Außen- und Verteidigungsminister, konnten oder wollten zu den drängenden Themen keine hoffnungsvollen Perspektiven liefern. Die Konferenz konnte nichts zu einer friedlicheren Weltordnung beitragen. Leider eine zu erwartende Enttäuschung. Die explodierende Aufrüstung, eine aggressive Vorgehensweise der USA, Russlands und Chinas, der Konflikt im Mittleren und Nahen Osten, der fortschreitende Klimawandel, die steigenden Migrations- und Flüchtlingsströme, die Aufgabe des Multilateralismus, die sich anbahnenden irrigen Handelskriege, die steigende Kluft zwischen Arm und Reich oder das Kippen unserer demokratischen Grundwerte, all diese Themen sind eng miteinander verknüpft.
Der peinlichste Höhepunkt dieser jährlichen Sicherheitskonferenz war der desaströse Auftritt des US-Vize-Präsidenten. Der skurrilen Verteidigung der Ego-Politik von Trump, folgte die krude Vorstellung, dass die größte Gefahr für den Weltfrieden vom Iran und Venezuela ausgeht, das gebetsmühlenartig vorgetragene Drängen zu höheren Rüstungsausgaben der NATO-Bündnispartner gehört schlussendlich zum Standard solcher Auftritte.
Die größte Unterschätzung dieser Konferenz waren die Stellungnahmen Chinas. Jedem seriösen Analysten ist klar, dass China sich als zukünftige Weltmacht positioniert. Die Großmachtkonkurrenz feiert wieder ihr Comeback. Dass die US-Delegation bei den Ausführungen des obersten Außenpolitikers Chinas „besseres“ zu tun hatte und den Saal verließ, ist schon schwer verdaulich. Zu groß sind wohl die Spannungen in der Handelspolitik und die militärischen Drohgebärden im Pazifik. Dass aber viele europäische Teilnehmer es der US-Delegation gleichtaten, zeigt, dass die Europäer allein eine Fixierung auf die USA haben und keine Strategie im Umgang im wirtschaftlichen und militärischen Bereich mit China besitzen.
Die fatalste Nichtbeachtung könnten die diplomatischen Signale des russischen Außenministers gewesen sein. Russland bleibt zwar momentan bei seiner Aufkündigung des Mittelstreckenraketenvertrages (INF), wünscht sich aber eine stärkere Beteiligung Europas und der internationalen Gemeinschaft an einer Friedenslösung in Syrien.
Das größte Versagen der europäischen NATO-Staaten offenbarte die Konferenz bei den Diskussionen um den INF-Mittelstreckenraketenvertrag. Posaunte man noch im Juli vergangenen Jahres, wie wichtig dieser Vertrag für die europäische Sicherheitsarchitektur sei, zeigt sich jetzt, dass für viele dessen Kündigung anscheinend unabwendbar sei. Fatal, den die EU-NATO-Staaten haben nie auf eine Prüfung der aufgeworfenen Vorwürfe gegen die Verletzung des Vertrages gepocht, noch waren sie an einer Reaktivierung des NATO-Russland-Rates interessiert.
Trotz aller Enttäuschen anlässlich dieser Münchener Konferenz muss die Devise der Zukunft lauten: Entspannung und Dialog statt Konfrontation und Abschreckung. Es wird an der Zivilgesellschaft sein dies in die Wege zu leiten.
Raymond Becker
Mitglied des Koordinationsteams
der Friddens- a Solidaritéitsplattform Lëtzebuerg.